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Aber das ist das Schöne an der Kunst. Sie ist diskutabel, jedoch immer im Sinne des Betrachters. Während wir uns in der Kunst somit häufig uneins sind, so ist der Berufsweg für viele sehr schnell klar definiert: Abitur – Studium – Job. Mein Weg zur frobese verlief dagegen ein wenig kurviger.
Mein Karrierestart – erfrischend anders
Während ich den Großteil meiner Jugend in einer beschaulichen Gegend in Süd-NRW verbrachte, war das prägendste Jahr ohne Zweifel jenes in Clearfield, Utah, USA. Als Austauschschüler lernte ich nicht nur die kulturellen Gegebenheiten der Amerikaner kennen, sondern auch eine Menge über mich selbst. 10.000 Kilometer von der Heimat entfernt, lernte ich so mit 16/17 Jahren Selbstständigkeit, das erste richtige Taschengeld selbst zu verwalten und eigene Entscheidungen zu treffen, z.B. welche Unterrichtsfächer ich gerne belegen wollte. Im Gegensatz zu Deutschland konnte ich mir als Schüler einer High School viele Fächer selbst aussuchen.
Meine Wahl fiel u.a. auf „Creative Writing“. Hier lernte ich das Schreiben von Kurzgeschichten, Charaktere zum Leben zu erwecken und den richtigen Spannungsbogen aufzubauen. Um es zusammenzufassen – Kunst.
Zurück in Deutschland entwickelte sich dieses Interesse zu einem ernsthaften Bekunden, meine Kreativität beruflich leben zu wollen. So fing ich kurz nach meinem Abitur eine Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton an und arbeitete anschließend in Vollzeit in der Film- und Medienbranche.
Mediengestalter Bild und Ton – Alles und viel mehr
Falls sich jemand fragt, was ein Mediengestalter genau macht – alles. In der Ausbildung lernt man sämtliche Aspekte, die man sich vorstellen kann. Von der Konzepterstellung eines Drehs, Tontechnik, Kameraführung, Regie, bis hin zum finalen Schnitt bekommt man jeden Aspekt Schritt für Schritt beigebracht.
Die Facetten des Berufs sind dabei äußerst vielseitig und abwechslungsreich. Anfang der Woche drehe ich eine Naturdokumentation für den NDR, einen Tag später sitze ich im Schnitt, um die Jahresauftaktveranstaltung eines großen Autoherstellers aus Wolfsburg fertig zu schneiden. Wieder zwei Tage später stehe ich an der Expo-Plaza beim njoy-Festival und bin hautnah mit den Künstlern dabei.
Ein Highlight war die SPD-Wahlkampftour 2017 mit Martin „Mr. 100%“ Schulz. Vier Wochen lang ging es mit dem Sprinter kreuz und quer durch die Republik, um Herrn Schulz ansprechend ins rechte Bild zu setzen. Dass er bei der Bundestagswahl krachend verlor, lag sicherlich nicht an meiner Kameraführung.
Ein weiteres Highlight waren Konzerte jeglicher Art. Das schon erwähnte Expo-Plaza Festival sei hier besonders erwähnt. Das eine Jahr war Macklemore („Can’t hold us“, „Thrift Shop“) der Headliner für dieses Festival. Während seines Auftritts sprang er auf mein Podest und tanzte spontan mit mir vor tausenden von Leuten. Ein Erlebnis, das ich nicht vergessen werde.
Wie ich meinen Weg in die frobese fand
Leider haben all die Aufregung und Abwechslung auch ihre Schattenseiten. Es gibt keine geregelten Wochenenden und Kernarbeitszeiten existieren nur auf dem Papier. Ein Dreh konnte um 5 Uhr in der Früh beginnen oder aber auch erst um 2 Uhr morgens beendet sein. Für mein 20-jähriges Ich mochte das sehr spannend gewesen sein. Mit der Zeit wollte ich jedoch ein wenig mehr Sicherheit in meiner Planung.
Auch finanziell ist die Medienbranche ähnlich schlecht aufgestellt wie soziale Berufe in der Pflege. 1800€ brutto im Monat bei 180-200 Stunden. Eine Person muss einfach für diesen Job brennen, um dabei bleiben zu wollen. Deshalb begann ich Stück für Stück, diese Lebensweise und den Beruf an sich zu hinterfragen. Über mehrere Monate hinweg traf ich die Entscheidung, den Beruf an den Nagel zu hängen und mit 24 ein neues Studium zu beginnen.
Ab diesem Punkt war meine berufliche Perspektive tatsächlich sehr linear. Studium der Wirtschaftswissenschaften, ein Werkstudentenjob in der Finanzbranche, ehrenamtliche Arbeit parallel zu den Vorlesungen. Gegen Ende meines Studiums klassisch beworben und nun war ich Trainee bei der frobese. Das Ende meiner künstlerischen Fahnenstange?
Wie kann ich Kunst und Consulting nun kombinieren?
Bereue ich diese Entscheidung? Nicht eine Sekunde! Ich konnte dank der fünf Jahre Berufserfahrung sehr klar definieren, wie ich mir mein berufliches Leben vorstelle und was ich von meiner Karriere erwarte. In der Welt eines Consultants verändert sich das Berufsumfeld ebenfalls ständig. Ich werde nicht 10 Jahre lang am selben Schreibtisch sitzen mit denselben sechs Kolleg:innen um mich herum. Ich werde abwechslungsreiche Arbeit haben und ja, auch die ein oder andere Überstunde werde ich arbeiten müssen. Aber insgesamt werde ich in einem Berufsfeld arbeiten, in dem ich meine Stärken deutlich mehr einbringen und mich persönlich wesentlich besser entfalten kann.
Was bleibt also von der Kunst? Während Excellisten und Powerpoint-Präsentationen auf den ersten Blick nicht sehr kreativ aussehen, so erinnern sie mich doch hin und wieder an meine Tage im Schnittraum.
Oftmals sind Szenen während eines Drehs klar geplant gewesen, aber insbesondere bei Konzerten kam es auf den Moment an. Dort musste ich in Sekundenschnelle entscheiden, welches Bild ich dem Zuschauer als nächstes präsentieren möchte. Dieses Auge für das Besondere kann ich nun dafür nutzen, dem Auftraggeber einen anderen Blickwinkel aufzuzeigen, den er so noch nicht kannte. So kann ich gemeinsam mit dem Kunden das Bestmögliche aus dem Projekt rauszuholen.
Darüber hinaus habe ich mir meine Begeisterung für das Kino und den Film bewahren können. Um die eingangs erwähnte Situation nach dem besten Filmgenre zu beantworten: Grundsätzlich jeder Film mit einer genialen Geschichte.